MAULCO.

Bootstrapping statt Basel II: An den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen

Serie: Existenzgründung für Coaches, Teil 4
Teil der Serie Existenzgründung (2011)

Erschienen in Kommunikation & Seminar 4/2011.

„Alleine das Logo kostet ja schon viertausend Euro,“ hörte ich kürzlich von einem Kunden. Ob ich es denn preiswerter hinbekäme, fragte er, denn sein Gründungs-Budget sei knapp. Sicher ist es in Konzernen nicht unüblich, viele Zehntausende Euro in die Entwicklung eines neuen Logos oder Hunderttausend in eine neue Website zu investieren. Der Kunde jedoch war Gründer, frisch ausgebildeter Coach, mit großen Plänen und kleinem Konto. Banken? Ja, die hatte er schon angesprochen, doch die „nötigen“ 50.000 Euro wollte bisher keine genehmigen, deshalb wollte er jetzt die Kosten für die Gründung reduzieren.

Sind 50.000 Euro „nötig,“ um einen Coaching-Agentur zu gründen? Ganz klar: Nein. Bootstrapping, das Sich-am-eigenen-Zopf-aus-dem-Sumpf-ziehen, ist heutzutage leichter denn jemals zuvor. Waren früher noch große Summen nötig, um Werbung, Marketing und Vertrieb zu finanzieren, gibt es heute für wenige Euro (oder Dollar) im Monat. Dabei ist vielen gar nicht bewusst, wie sehr die modernde Technik – vor allem das Internet – die Geschäftswelt auf den Kopf gestellt hat und uns allen das Leben leichter macht.

Wer erinnert sich noch an die Einführung von ISDN und den plötzlichen Luxus von zwei Telefonleitungen? Heutzutage bekommen Sie ein Dutzend Leitungen für ein paar Euro im Monat—falls Sie sie denn brauchen und Ihre Akquise nicht komplett online abwickeln. Um potentielle Kunden zu erreichen, mussten früher die Vertriebler auf die Reise gehen oder bergeweise Broschüren versenden; heutzutage ist jeder Neukunde nur einen – fast kostenlosen – Klick von Ihnen entfernt. Software kostete Tausende von Euro (oder Mark), jetzt in 2011 sind 90 Prozent der nötigen Software kostenlos verfügbar, ebenfalls nur einen Klick entfernt.

Fünf Regeln fürs Bootstrapping

Diese Regeln gelten für Gründer als auch alte Hasen gleichermaßen, wenn Sie einen neuen Geschäftszweig etablieren möchten.

Erstens, führen Sie Buch über jede einzelne Geldbewegung. Selbstverständlich, sagen Sie? Umso besser! Viele Gründer beginnen erst nach Jahren damit. Fangen Sie sofort an.

Zweitens, verstehen Sie Ihren Markt, bevor Sie ihn mit Ihrem Produkt beglücken. Eine Umfrage unter Ihren ersten 100 potentiellen Kunden kostet fast nichts: Ein kostenloses Online-Formular und eine AdWords-Kampagne mit niedrigem Maximalbudget bringt schnell belastbare Ergebnisse. Oder telefonieren Sie Ihre LinkedIn-Liste durch, und im Nu haben Sie hunderte Gesprächspartner, die nichts lieber tun, als über ihre Probleme zu sprechen – die Sie dann gezielt lösen können.

Drittens, beginnen Sie Ihr neues Geschäft (oder Ihren neuen Zweig) mit genau einem Produkt, und zwar mit genau dem (und keinem anderen), auf das Ihre Kunden am hungrigsten sind. Ignorieren Sie alle anderen Ideen, Meinungen, Konzepte, Produkte.

Viertens, betreiben Sie nur so viel Marketing, wie nötig ist, um genau ein Ziel zu erreichen: Den allerersten Kunden. Einfache Websites sind kostenlos, ein Telefonskript für die Kaltakquise ebenfalls. Wenn Sie bereits einen Computer besitzen, bekommen Sie eine komplette Büro-Infrastruktur für unter €100. (Die Liste passt nicht in diesen Artikel: Schreiben Sie mir, und ich sende sie Ihnen.)

Fünftens, investieren Sie nur das Geld in Ihr neues Geschäft (oder Geschäftszweig), das Sie vom Ertrag aus Ihren Klienten erwirtschaften.

Finden Sie Kunde Nr. 2. Und nach Nr. 5 beginnen Sie, Ihr Produkt zu verbessern. Schritt für Schritt.

Sie werden sich wundern, wie weit Sie ohne große Investitionen kommen können. Täglich lässt sich im Internet beobachten, wie Davids gegen Goliaths gewinnen. Eines der neuesten Beispiele – MLKSHK lässt mit keinem müden Dollar Startkapital seinen Hauptkonkurrenten hinter sich, der mit $40.000.000 an den Start ging. Auch Sie können als David gewinnen. Wir lesen uns in der nächsten Folge: Marketing auf einer Seite.